Am Morgen des 15. Februars 2013 erhellte ein Feuerball am Himmel die russische Stadt Chelyabinsk. Minuten später zerstörte eine Druckwelle Fenster in Tausenden Gebäuden. Menschen wurden von Trümmerteilen verletzt, zum Glück ohne Todesfolgen. Eine Stunde später erreichte ein Geruch von Schiesspulver und Schwefel die Stadt. Aufgrund der Temperaturen unter dem Gefrierpunkt mussten die Schäden schnell repariert werden. Ein Meteorit von geschätzten 20 Metern Durchmesser war in 30 km Höhe explodiert.
Bloss 16 Stunden später verfehlte der Meteorit Duende mit einem Durchesser von etwa 40 Metern die Erde um die „Haaresbreite“ von 28’000 km (oder 0.0002276 astronomischen Einheiten AU, der mittleren Entfernung zwischen Erd- und Sonnenmittelpunkt). Im Vergleich dazu befinden sich die geostationären Satelliten, die unsere TV-Kanäle übertragen, in 35’000 km Höhe. Berechnungen zeigten, dass die Distanz zum nächstliegenden Satelliten mindestens 2000 km betrug.
Im Gegensatz zum Meteorit Duende konnte sich der Meteorit von Chelyabinsk der Erde unerkannt nähern, weil sein Ursprung nahe der Sonne lag.
Die Gefahr ist real, allerdings in geologischen Zeiträumen. Kleinere Einschläge, die dennoch ganze Städte ausradieren können, passieren rund alle 200 Jahre.
Durchmesser | Beispiel | Häufigkeit |
20 m | Chelyabinsk 2013 | 60 Jahre |
30 m | 185 Jahre | |
65 m | Tunguska 1908 | 300-1000 Jahre |
85 m | 3300 Jahre | |
11-80 km | Chicxulub, vor 66 Millionen Jahren | ?? |
Häufigkeitstabelle (Quelle Wikipedia)
Im April 2018 meldete die B612 Foundation „Es ist 100-prozentig sicher, dass wir von einem verheerenden Asteroiden getroffen werden, aber wir sind nicht 100-prozentig sicher, wann“. Ebenfalls in 2018 schätzte der Astrophysiker Stephen Hawking, dass eine Asterioidenkollision die grösste Gefahr für die Erde darstellt. Gleichzeitig besteht die Erkenntnis, dass wir ziemlich unvorbereitet dafür sind und die NASA meldet, dass sie mindestens 5 Jahre brauchen würde, um eine Mission zu planen, die einen Asteroiden abfangen könnte. Derweil Elon Musk mit SpaceX an seiner Idee weiterbaut, dereinst die Menschheit mit einer permanenten Siedlung auf dem Mars zu retten.
„Es ist 100-prozentig sicher, dass wir von einem verheerenden Asteroiden getroffen werden, aber wir sind nicht 100-prozentig sicher, wann.“
Um sich vorzubereiten, braucht es Daten. Das Center for Near-Earth Object Studies am Jet Propulsion Lab (JPL) hat derzeit über 22’000 Objekte im Visier. Während es geschätzte 90% aller Objekte von 1 km Durchmesser und grösser bereits verfolgt, wird jetzt daran gearbeitet, 90% aller vorbeifliegenden Himmelskörper zu finden, die grösser als 140 Meter Durchmesser sind. Was von der Erde aus eine grosse Herausforderung ist, weil diese kleineren Objekte weniger gut sichtbar sind. Die Sentry-Datenbank führt die riskantesten Objekte auf.
Gleichzeitig wird geforscht, wie denn eine Gefahr abgewendet werden kann, die Jahre im Voraus bekannt ist. Ablenkung ist die favorisierte Methode, weil eine Zerstörung wegen der wirkenden Gravitationskräfte wieder zum Zusammenwachsen des Himmelskörper führen würde. Das JPL hat eine Deflection App programmiert, um Laien die Ablenkung diverser Himmelskörper zu ermöglichen.
Eine Simulation
Zudem wird an IAA Planetary Defense Conference alle paar Jahre eine mehrtägige Simulation durchgeführt, welche die neusten Erkenntnisse einfliessen lässt. Im Rollenspiel von 2019 wird ein Asteroid entdeckt, der zwischen 100 und 300m Durchmesser hat und 8 Jahre später mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% die Erde treffen wird. Bereits drei Monate später muss diese Wahrscheinlichkeit dank neuem Datenmaterial auf 10% erhöht werden. Zudem ist jetzt die Grösse mit 185m +/- 45 m genauer bekannt
Die Simulation kann bereits mögliche Gefahrenzonen unterscheiden. Je nach Aufprallwinkel und -ort ist mit Tsunami, atmosphärischer Explosion oder Einschlag mit Staubbildung zu rechnen. Es wird entschieden, eine Sonde loszuschicken, um mehr Informationen zu sammeln.

Im Jahr 2 liefert die Sonde klarere Informationen. Der Asteroid hat eine längliche Form von 140 x 220 m Querschnitt. Die Stadt Denver wird voraussichtlich getroffen werden. NASA entscheidet, zwei weitere Sonden loszuschicken, um die Beschaffenheit des Asteroiden zu untersuchen. Gleichtzeitig wird eine Flotte von 6 Impaktoren gebaut, die den Asteroiden ablenken sollen.

Im Jahr 5 vermeldet die NASA einen Teilerfolg. Drei von sechs Impaktoren haben den Asteroiden erfolgreich ablenken können. Doch ein Stück von 50-80 Metern Durchmesser ist losgebrochen und würde in 3 Jahren auf der Erde aufschlagen. Eine nukleare Explosion wird in Betracht gezogen, um das Stück 2-6 Monate vor Einschlag in kleinere Stücke zu zerlegen, die in der Atmosphäre verglühen könnten.

10 Tage vor dem Einschlag meldet die Presse, dass Einschlag in New York stattfinden würde. Der Asteroid würde in der Atmosphäre in einem Feuerball explodieren und mit der Kraft des Tunguska-Ereignis von 1908 mitten in der Grosstadt seine Wirkung entfalten. Die Explosionsstärke wird mit 1000x Hiroshima berechnet.
(Bei der Simulation wurde offenbar ausgeblendet, dass die Öffentlichkeit spätestens 2 Monate vor dem Ereignis nach dem Erfolg der Nuklearmission fragen würde. Gemäss Übungsanleitung ist sie gescheitert.)

Zu diesem Zeitpunkt kann es nur noch darum gehen, soviel Schaden wie möglich zu vermeiden und New York zu evakuieren. Sämtliche Gefahrengüter und Wertgegenstände sind aus der Gefahrenzone zu bringen. Ein heilloses Durcheinander wäre wohl die Folge.
Massnahmen ergreifen
Doch fragen wir uns mal, wie wir hätten reagieren können.
8 Jahre vor Einschlag war bekannt, in welcher Schneise der Asteroid einschlagen könnte. Was tun mit Eigentum in dieser Region? Verkaufen und in eine Zone ausserhalb der Einschlagschneise umziehen? Zu diesem Zeitpunkt wird vermutlich noch niemand die Warnung ernst nehmen und es ist nicht anzunehmen, dass die Behörden bereits Freiheitseinschränkungen beschliessen.
6 Jahre vor Einschlag ist bekannt, dass Denver getroffen werden könnte. Jetzt dürfte Panik aufkommen und die Bevölkerung von Denver wird zu jedem Preis verkaufen wollen und wegziehen, denn eine Asteroidenablenkungsmission gab es noch nie. Hier werden die Behörden alle Register zu ziehen versuchen, um das Vertraunen der Bevölkerung zu kriegen, vermutlich werden Prämien bezahlt werden, um die Leute zum Bleiben zu motivieren.
3 Jahre vor Einschlag ist wiederum nur eine Einschlagsschneise bekannt. Die Behörden haben bereits einmal bewiesen, dass sie Massnahmen erfolgreich ergreifen konnten. Vermutlich würden sich jetzt nur wenige Leute zu einem Umzug entscheiden, denn die Regierung würde das Problem schon regeln.
Nach dem Misserfolg der angekündigten Bombenmission, also 2-6 Monate vor dem Aufprall, wäre für New Yorker die Gewissheit gekommen, dass die Stadt das nicht überleben würde. Zu dem Zeitpunkt würden wohl 8 Millionen Menschen ihr Hab und Gut in Sicherheit bringen wollen und totales Chaos mit Auswirkung auf den Rest der USA und die globalen Finanzmärkte könnte die Folge sein.
Fazit
Da nur ein Teil der potenziell gefährlichen Himmelskörper bekannt sind, mit Überraschungen jederzeit zu rechnen ist und die Technologie zur Ablenkung von Asteroiden noch in den Kinderschuhen steckt, ist im Bereich Meteoriteinschlag keine grosse Handlungsmöglichkeit gegeben.
Wenn alles klappt, wird im September 2022 ein Satellit auf einen 180m grossen Asteroidenmond aufprallen und den Teleskopen auf der Erde ermöglichen, die resultierende Veränderung der Umlaufgeschwindigkeit zu registieren (DART Projekt der NASA). Das wäre ein erster Test, die Wirksamkeit solcher Ablenkungen in Realität zu beweisen.
Der Einschlag des grossen Meteoriten, der vor 66 Millionen Jahren Die Dinosaurier und mit ihnen bis zu 75% der Lebewesen ausgerottet hat, dürfte zu einem Staub- und Steinregen im Umfeld von Tausenden Kilometern geführt haben. Staub hat die Atmosphäre vermutlich jahrelang verdunkelt und zu einem Temperaturabfall von 10 Grad Celsius geführt. Wie die modernen Menschen eine solche Situation überleben wollen oder können, ist fraglich.
Foto von NASA Goddard Space Flight Center
