„Wir sind schon lange Zeit zusammen, doch dieser Marsch hat uns auf neue Art getestet.“
1. Wie habt Ihr Nahrung und Wasser beschafft?
In Thailand und Myanmar/Burma, den ersten beiden Ländern die wir durchwanderten, war es relativ einfach. Wir haben unsere Route auf der Basis des Nachschubes gewählt. So sind wir den Strassen gefolgt, welche die Dörfer und Städte verbinden. Wir mögen diese Strassen zwar nicht, doch brauchen wir alle paar Kilometer Nahrung und Wasser. In Thailand und Myanmar gibt es fast überall kleine Städte und Leute, was es uns leicht gemacht hat, zu essen und trinken, was unsere Körper brauchten.
Natürlich werden wir in allen Regionen und Länder, die wir noch durchwandern werden, andere Umstände antreffen. Wir werden uns daran anpassen müssen. Wir wissen noch nicht, wie sich das entwickeln wird, doch wir tragen Wasserreinigungsmittel und -filter mit uns, die wir vermutlich noch häufiger brauchen werden.
2. Wie habt Ihr Euch täglich vor Witterung geschützt?
Bis jetzt hatten wird Glück – wir wurden von Kälte und Regen verschont. Doch wir haben Material dabei, das uns schützt wie Regenponchos, Windjacken, Handschuhe, leichte Hüte, Halstücher und dünne Wollpullover, die im Zwiebelschalenprinzip getragen werden können, wenn nötig.
Wir waren fast täglich starker Sonneneinstrahlung und Hitze ausgesetzt. So heiss es auch sein mag, wir tragen langärmlige Hemden mit Kragen, lange Hosen, Sonnenhüte und Sonnenbrillen. Jenn hat sich sogar aus alten Hemdsärmeln Handschütze gebastelt, die ihre Handgelenke bedecken. Wir benutzen auch Sonnencrème für unsere Gesichter.
Auch stehen wir um 4 Uhr früh auf und beginnen um 5 Uhr zu marschieren, wodurch wir während uns ungefähr 1.5 Stunden im Dunkeln und in der morgenkühlen Luft aufhalten können. Wir wanderen bis etwa 11 Uhr, wann es jeweils um die 40° C heiss wird und uns zwingt, die Sonne zu meiden. Wir trinken dann viel Wasser im Schatten und ab 14 oder 15 Uhr wandern wir wieder los bis Sonnenuntergang.
3. Wie habt Ihr jeweils Energie getankt?
(Hier weichen die Antworten von Jenn und Lluís ab)
Jenn: Neben den langen Mittagspausen stoppen wir manchmal unterwegs für 5 bis 15 Minuten und strecken uns von Kopf bis Fuss. Einige Minuten während des Tages oder kurz vor dem Einschlafen mache ich gerne einige Yogadehnungen, eine kurze Meditation oder unterschiedliche Atemübungen. Vögel oder Musik entspannen mich ebenfalls – während den strengsten Stunden des Tages gönne ich mir einige Songs vom MP3-Spieler und benutze die Musik, um mich von negativen Gedanken zu trennen oder meinen müden Körper mit Energie zu versorgen.
Zusätzlich zum Schreiben und Tagebuch-führen habe ich einige Farbstifte und ein kleines Malbuch für Erwachsene; Zeichnen und Ausmalen helfen mir, mich kreativ und einfallsreich zu fühlen.
Unser Schlafrythmus in in Thailand war anders als in Myanmar. Thailand war weniger heiss und wir hatten nie ein Problem, eine Übernachtungsgelegenheit (Camping, Tempel, Guesthouse) zu finden. Normalerweise konnten wir unsere Tagesstrecke am frühen Nachmittag beenden und hatten mehrere Stunden, um den Ort zu erkunden, wo wir übernachten würden und Tagebuch zu führen oder uns einfach nur zu erholen.
In Myanmar ist es im momentanen Entwicklungsstand jede Nacht problematisch, einen sicheren Platz zum Übernachten zu finden. Homestay ist nicht erlaubt, es hat sehr wenige Guesthouses und Campieren ist illegal. Das war täglich eine grosse Herausforderung und wir mussten deshalb bis Sonnenuntergang marschieren. Wir konnten unser Zelt nicht ausser Sichtweite aufstellen, bevor es dunkel war.
Lluís: Bei mir war’s gleich, was Pausen und Stretching betrifft. Ich benutze keine Musik, Bücher oder Ausmalen, sondern mein Körper scheint soweit ziemlich effizient zu sein und funktioniert gut mit etwas Nahrung, Wasser und ein paar Stunden Tiefschlaf. Vögeln zuzuhören, Blumen zu riechen, die Natur zu geniessen, Bäume zu bewundern, das Leben um uns herum wahrzunehmen und die Leute lächeln sehen, welchen wir begegnen, nährt mich und gibt mir Energie.
4. Welches waren die drei grössten Herausforderungen und wie habt Ihr sie gemeistert?
Lluís: 1. Wie sag‘ ich’s meinen Eltern? Es war sehr schwer, ihnen mitzuteilen, dass wir auf diesen lange Reise gehen. Es war schwierig, aber ich habe mit ihnen mit viel Liebe und Verständnis gesprochen. Zum Glück unterstützen sie es und wissen, was Reisen im Allgemeinen und insbesondere dieser Trip mir bedeuten. Aber es bleibt meine grösste Herausforderung.
Jenn: 2. Mit meinen starken Schulterschmerzen umzugehen. Ich wollte diese Reise mit einem 35-Liter Rucksack starten, den ich mag und vorher viele Jahre lang auf meinen Reisen benutzt hatte. Zusätzlich experimentierte ich mit einigen Tagesrucksäcken, um zusätzliches Wasser vorne zu tragen. Doch es war die falsche Strategie gemessen am Gewicht, das ich für so viele Stunden zu tragen hatte. Nach etwa 8 Wochen hatte ich das Gefühl, dass ich Muskeln und Nerven in meiner linken Schulter geschädigt hatte und ich dachte mehr als einmal daran, dass ich diesen Trip abbrechen würde.
Als wir nach Bangkok fuhren, um das Visum zu erneuern, kaufte ich mir neuen Rucksack und neuen Tagesrucksack. Ich habe einige Ausrüstungsgegenstände ausgewechselt und den alten Rucksack zusammen mit einigen Dingen nach Hause geschickt, die ich nicht mehr mit gutem Grund tragen konnte. Ich habe den Rucksackes anders gepackt und experimentiert, was meinem Körper am besten passt. Mit Thai-Massagen habe ich die Schmerzpunkte therapiert. Jetzt ist mein Rucksack einige Kilo leichter, doch was am noch mehr geholfen hat, war der breiter Hüftgurt und die breiteren Schulterriemen. Damit wird das Gewicht anders verteilt.
Jenn & Lluís: 3. Herauszufinden, was diese Reise uns individuell bedeutet, wie mit unseren Unterschieden und Erwartungen umzugehen und eine gemeinsame Basis zu kreieren, um gemeinsam vorwärtsmarschieren zu können. Das ist eine konstante Herausforderung, da wir beide ziemlich unabhängig sind. Wir sprechen täglich darüber und stellen so sicher, dass wir beide am selben Strick ziehen. Wir passen uns dabei so gut wie möglich an, um sicherzustellen, dass beide zufrieden sind. Wir sind schon lange Zeit zusammen, doch dieser Marsch hat uns auf neue Art getestet und es ist ganz anders, als in unserem „normalen“ Leben in Catalonien zusammenzuleben.
5. Welche Werkzeuge haben Euch am meisten unterstützt, um Euer Ziel zu erreichen?
Lluís: Durchhaltevermögen und Lächeln
Jenn: Einverstanden, ein Lächeln trägt weit und ist das einfachste, billigste Werkzeug, das wir in unserer Werkzeugkiste haben. Es ist besonders brauchbar, wenn wir durch anderer Leute Leben marschieren und Kulturräume durchqueren.
Ich möchte noch anfügen, dass das Teppichmesser mit Keramikklinge viel brauchbarer ist, als ich je erwartet hätte. Was zunächst ein Impulskauf einige Tage vor Abreise aus Barcelona war, hat sich bewährt, um Schnur zu schneiden oder Ingwer für Tee zu scheibeln 🙂
6. Was habt Ihr dabei gelernt?
Es ist kein Lernen, sondern mehr eine Bestätigung. Die Welt ist voller netter, gütiger und grosszügiger Leute. Wir erkunden die Welt und suchen das Gute in Menschen, und wir hatten bis jetzt Glück. Im Allgemeinen sehen wir auch, dass wir alle uns viel ähnlicher sind als wir uns unterscheiden, egal wo auf dem Planeten wir uns befinden.
