Wir machen eine Ausbildung und streben eine gute Anstellung an, damit wir uns mit dem Einkommen die Dinge leisten können, wovon wir immer geträumt haben. Und darüber definieren wir uns. In seinem neuen Buch nennt Mathias Morgenthaler dies die Tun-Haben-Sein-Falle. Wohlstand, Anerkennung und Status mag an sich erstrebenswert sein, doch für viele präsentiert sich die Rechnung dafür erst allmählich. Wer nach Jahren so arbeiten keine Energie mehr hat, eine geistige Leere empfindet und den Gang zur Arbeit als lästigen Pflichterfüllung sieht, sucht sich Hilfe beim Coach Morgenthaler.
Dieser hilft Menschen dabei, das Sein zu verstehen und das Tun danach auszurichten. Nach Jahren des Konformitätsdruckes (durch Schule und Arbeitgeber) und der Anpassung braucht es Zeit, um zu den Träumen und zur Kreativität zurückzufinden damit Sein, Tun und Haben ausgerichtet werden können. Wenn Stress den Arbeitsalltag prägt, dann hilft unter Umständen weder Perspektivenwechsel, Jobveränderung oder Arbeitszeitreduktion. Oft gilt es, ganz aus dem Gefängnis auszusteigen, in dem man sich befindet um sich jenen Platz schaffen zu können, wo man sich gerne aufhalten möchte.
Wer alle Erwartungen erfüllt, darf keine Erfüllung erwarten
Der Journalist Morgenthaler befragt Menschen, die Ihre Berufung leben. Da gibt es den Banker, der ausgestiegen ist, um Betonbadewannen zu bauen. CEOs, die freiwillig zurückgetreten sind, um sich wieder ins Lot zu bringen. Leute, die ganz und gar Unvernünftiges machen wie Postkarten schreiben oder Blätter hübsch am Boden anordnen. Eine Pensionierte, die sich mit Elan in Onlineaktivitäten reinwirft. Ein Carrosseriespengler, der Zigarren importiert und Leute zusammenbringt. In den 60 präsentierten Interviews sprudelt es nur so von Leben.
Weit weg von Patentrezepten hat der Autor Morgenthaler versucht, aus den vielen Interviews einige Thesen rauszudestilieren.
1. Vernunft wird überschätzt
Manchmal muss man was versuchen und dem Zufall eine Chance geben
2. Ambition ist wichtiger als Ehrgeiz
Ein Ziel verfolgen und etwas schaffen, was über die eigene Person hinausgeht
3. Wer neugierig bleibt, wird jünger alt
Das Leben ist eine Entdeckungsreise
4. Es bringt nichts, den Platz im Gefängnis zu optimieren
Wenn sich Arbeit wie eine milde chronische Krankheit anfühlt, braucht es statt Stellenwechsel und Karriereoptimierung eine Beschäftigung mit eigenem Bewusstsein und Gefühlen
5. Die besten Jobs sind niemals ausgeschrieben
Jobs werden geschaffen von Leuten, die sich mit voller Hingabe einem Problem oder einer Leidenschaft widmen
6. Wer seiner Berufung folgt hat weniger zu verlieren
Der Wert der eigenen Entwicklung lässt sich weniger in Geld als in Zufriedenheit messen. Gemessen am globalen Massstab sind wir reich genug, uns mit Berufung überhaupt beschäftigen zu können
7. Zum Unternehmer wird man geboren – im Laufe des Lebens
Wenn die Berufung bekannt ist, gilt es, einen entsprechenden Platz zu schaffen. Die kann sowohl in einem Angestelltenverhältnis als auch selbständig erfolgen. Sowas ist lernbar.
8. Wer alles im Griff hat, hat die Hände nicht frei
Wichtig sind unverplante Zeit, gute Gesprächspartner und Inspiration. Sie erlauben uns in Kontakt zu kommen mit jenen Kräften, die im Unterbewussten wirken und über unsere psychische und körperliche Gesundheit mitentscheiden
9. Zentral auf unserem Weg zum persönlichen Erfolg sind unsere Verletzungen
Oft sind wir angetrieben von Forderungen der Eltern an uns oder Prägungen aus der Jugend
10. Wer alle Erwartungen erfüllt, darf keine Erfüllung erwarten
Befreien wir uns aus Abhängigkeiten. Wer bin ich und was gehört zu mir?
Wer mehr darüber erfahren möchte, dem sei das Buch von Mutmacher Morgenthaler empfohlen: Out of the Box: Vom Glück, die eigene Berufung zu leben
Foto von Sysdsquid auf Flickr
